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Ein Überblick zum kommenden PRINCE2®7

Am 4. September wird die neue Version von PRINCE2 veröffentlicht. Für alle, die PRINCE2 schon kennen und überlegen, wie schnell sie umsteigen wollen, hier eine Beschreibung der wichtigsten Neuerungen im Überblick

Zuerst die gute Nachricht: Das offizielle PRINCE2 Buch ist ca 15% schlanker. Obwohl neue inhaltliche Elemente hinzukommen hat es jetzt in der englischen Version nur noch 342 Seiten.

Und nun die noch bessere Nachricht, PRINCE2 7 konzentriert sich stärker auf den Kern von Projektmnanagement, wird weniger streng, flexibler und besser verständlich. Ich kenne jetzt drei Versionen von Prince2, die 5. Auflage, die 6. Auflage und nun Nr 7. Die letzte Version ist die Beste. Bevor wir uns auf die Änderungen konzentrieren, schauen wir kurz, was unverändert bleibt.

PRINCE2 bleibt PRINCE2

Weiterhin ist PRINCE2 eine vollständig integrierte Projektmangement Methode bei der alle seine Elemente zusammenpassen und auch skaliert noch Sinn machen. Weiterhin konzentriert sich PRINCE2 volleständig auf das Managemnent von Projekten und ist eine generische Methode, die für alle Arten von Projekten, alle Branchen und Kulturkreise anwendbar ist.

Die Struktur von der Methode hat sich ebenfalls nicht grundsätzlich verändert, die integrierten Elemente von PRINCE2 sind:

  • Die sieben Priciples (Grundprinzipien), die ja die Basis der Methode ausmachen,  sind nach wie vor eines der integrierten Elemente, auch wenn sich Kleinigkeiten in der Benennung und Beschreibung geändert haben.
  • Die sieben Practices (vormals Themen) beschreiben nach wie vor die sieben zentralen Disziplinen, die im Projekt geseuert werden sollen. In Bezeichnungen und Aktivitäten gibt es allerdings Änderungen.
  • Die sieben Prozesse beschreiben nach wie vor die nötigen Aktivitäten im Lebenszyklus eines Projektes. Hier gibt es die geringsten Änderungen.
  • Das Element Project Context  (Anpassen an die Projektumgebung) ist nach wie vor ein Kernelement und eine Stärke von Prince2. Die Behandlung und Beschreibung im Buch ist völlig geändert und verständlicher
  • Völlig neu ist das fünfte integrierte Element "People". Das sehen wir uns später noch genauer an.

Das sind die Änderungen

Die großen inhaltlichen Neuerungen beschreibe ich weiter unten, zuerst aber gehe ich auf die Veränderungen zur bisherigen 6. Auflage aus 2017 ein. Die 5. Auflage aus 2009 ist nicht nur zeitlich sehr weit von dem entfernt, was in naher Zukunft kommen wird. In der neuen Version 7 gibt es einige Änderungen von Begriffen, z.B. werden aus den Themes nun Practices, aber die wichtigen Punkte liegen wo anders.

PRINCE2 wird freundlicher und verständlicher

Bislang hatte Prince2 ja den Ruf, eine strenge Methode zu sein. Das ändert sich, Zum Einen ist die Sprache weniger formal und nicht ganz so "britsch". Da hoffe ich sehr, dass die deutsche Übersetzung, die ab Anfang 2024 verfügbar sein wird, da mitziehen wird, denn diese war auch sehr sperrig.

Zum Anderen fallen strenge Abgrenzungen, die in der Praxis ohnehin nicht gehalten haben, und Regeln weg. Sie erinnern sich sicher an die "Mindestanforderungen" in jedem Themenkapitel. Die wurden in den Foundation Examen auch tatsächlich geprüft, was stures auswendig lernen bedeutete. Sie entfallen einfach. Stattdessen werden die Anpassungen der Methode jetzt anhand von fünf Projektkontexten und vier konkreten Projektszenarien erklärt.

Das Tailoring ist jetzt verständlich erklärt

Die Präsentation und Erklärung der "Anpassung an das Projekt" ist drastisch besser. War es immer schon eine der großen Stärken von PRINCE2, dass die Methode hervorragend skalierbar ist, ist das nun auch gut aufbereitet. In den Seminare haben erfahrene Projektmanger_innen das Konzept der Anpassung immer leicht verstanden, aber die Projektneulinge hatten große Probleme, die Möglichkeiten zu sehen. Einige unklare Punkte wurden geklärt und die Art, wie Fragen der Anpassung mithilfe der fürnf Projektkontexte und vier Projektszenarien diskutiert und beschrieben werden, macht es nun klarer und leichter verständlich.

Der Kern von Projektmanagement

Prince2 konzentriert sich noch stärker auf den Kern von Projektmangement und die zentralen Aufgaben. Das prominente Beispiel dafür ist das Konfigurationsmangement als Teil der Änderungssteuerung. Es ist schon richtig, dass ich eine Idee von meinen Konfigurationselementen haben sollte, wenn ich mich mit dem Thema Änderungen von Baselines beschäftige. Wenn ich etwas ändern will, sollte ich eindeutig geklärt haben, was das denn ist, das ich ändern will. Aber - Hand aufs Herz - als Projektmanger habe ich immer schon versucht, das Konfigurationsmangement auf der Ebene meiner einzelnen Produkte zu halten. Wer will schon zu viele Details im Projekt.

In der 5. Auflage war Konfigurationsmangement ein großer Teil des Themas Änderungssteuerung. In der 6. Auflage nur noch ein kleiner. Aber es gab noch die beliebten Managementprodukte "Konfigurationsdatensatz" und "Produktstatusauskunft". Das ist jetzt Geschichte, Konfigurationsmanagement ist kein Thema mehr und es gibt nur noch eine harmlose "Produktliste". Das muß reichen.

Agile Ansätze werden stärker berücksichtigt

Zu keiner Zeit war Prince2 ein Wasserfall-Ansatz. Niemals. Prince2 war immer eine Methode, die sich ausschließlich mit dem MANGEMENT von Projekten beschäftigt hat. Quasi "King of Governance" unter den Projektmanagement-Ansätzen. Sobald die neue Version veröffentlich ist, wird das  niemand mehr misverstehen können. Im neuen Aufbau der Beschreibung und der guten Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Lieferansätze wird das deutlich.

Es gibt Leute, die meinen, Prince2 sei immer schon agil gewesen. Das halte ich für übertrieben. Aber ein großteils ähnliches Verständnis von Prinzipien und der Fokus von Prince2 auf das reine Management von Projekten hat eine Integration erlaubt. Vor Jahren schon hat milestone mit Kunden auf der Basis der 6. Auflage von PRINCE2 das Framework SCRUMFRAME entwickelt, das die Steuerzung von hybriden Projekten mit SCRUM ermöglicht. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Lieferansätze wird jetzt in Prince2_7  deutlicher.

Weniger Managementprodukte

Ich habe oben schon angesprochen, dass das ein oder andere Dokument weggefallen ist. Die große Einsparung an Dokumenten ergibt sich aber aus zwei Umgruppierungen. Oder sagen wir durch zwei marketingtaugliche Manöver: Alle Logs und Register werden nun in einem Dokument, dem Project Log zusammengefasst. Und alle Managementansätze scheinen nicht mehr als eigene Managementprodukte auf, sondern sind in die Projektleitdokumentation integriert. Es bleibt dieselbe Arbeit, sieht aber weniger aus. Was solls, andere Ansätze haben auch dicke Projekthandbücher.

Ganz neue Inhalte

Abgesehen von den doch deutlichen Änderungen in Begriffen und Vorgehensweisen der Methode und dem veränderten Aufbau des offizielln Buchs gibt es auch drei vollständig neue Inhalte und damit Elemente der Methode.

Digital and Data Managment

Der in den letzten Jahren dramatisch gestiegenen Bedeutung von digitalisierten Prozessen, digitaler Arbeit und dem Gewicht erfasster, verarbeiteter und genutzer Daten wird in der neuen Methode dadurch Rechnung getragen, dass Prince2 möchte, dass jedes Projekt seine mit der Organisation anbestimmte Policy zum Datenmanagement entwickelt und festhält, wie man im Projekt damit umgehen will. Dafür ist auch ein eigenes Managementprodukt, der Digital and Data Management Approach als Teil der Projektleitdokumentation vorgesehen.

Sustainability

Das Thema Nachihaltigkeit ist sogar noch prominenter positioniert. PRINCE2 schätzt die aktuelle und zuküftige Bedeutung dieses Themas so hoch ein, dass Nachhaltigkeit sogar als eine der Variablen der Projektleistung implementiert wird. Neben des bisherigen Variablen Nutzen, Kosten, Zeit, Umfang, Qualität und Risiko tritt nun Nachhaltigkeit als siebente Variable. Dieser Bedeutung entsprechend werden die jeweiligen Nachhaltigkeitsziele auch im Business Case verankert. 

People

Bisher kiannten wir vier integrierte Elemente von Prince2: Grundprinzipien, Themen, Prozesse und Anpassung. Nun haben wir deren fünf: Prinzipien, People, Practices (ehemals Themen), Prozesse, Project Context (ehemals Anpassung). Persönlich habe ich es immer geschätzt, dass Prince2 sich nicht um alle Soft Skills Themen kümmert. Über Führung, Motivation und so weiter wird in anderen Projektmangement Ansätzen so viel Veraltetes geschrieben, dass ich den Ansatz von Prince2 wirklich erfrischend fand.

Die Neuerung jetzt berücksichtigt aber, dass ein Projekt ja nicht nur eine sachliche Ebene hat, sondern ganz erheblich ein soziales Geschehen ist. Zum Glück vermeider Prince2 unnötige Diskussionen um Führungsstile und Motivationspyramniden, sondern konzentriert sich auf drei wesentlich Themenbereiche. Diese Bereiche werden beschrieben, die jeweilgen Herausforderungen analysiert, und Hinweise zur Bearbeitung gegeben:

  • Leading successful change: Jedes Projekt, ob gewollt oder nur nebenbei, bringt Veränderung in der Organisation. Dieser Change und die Stakeholder sollen absichtsvoll gesteuert werden.
  • Leading successful teams: Unterschiedliche Herausforderungen der Arbeit mit und in Teams wird besprochen, bis hin zur Auflöung von Teams.
  • Communication: Hier wird der Communication Mangement Approach für unterschiedliche Projektsituationen diskutiert.

Schon dieser kurze Überblich wurde ein langer Artikel. Deshalb finden Sie die Details der Änderungen und Neuerungen in einem zweiten Artikel in wenigen Tagen.